Wolkenbank
Sprecherinnen und Sprecher:
Rupert Schieche (Deutsch), Eric Carter (Englisch), Anastasia Ivanova (Ukrainisch), Lucia Schulz (Spanisch), Irina Miller (Russisch), Johanna Porcheddu (Italienisch), Burak Temir (Türkisch), Pinting Zang (Chinesisch)
Deutsch
Das Märchen von der Wolke, Rainer Maria Rilke (1875 - 1926)
Der Tag ging aus mit mildem Tone,
so wie ein Hammerschlag verklang.
Wie eine gelbe Goldmelone
lag groß der Mond im Kraut am Hang.
Ein Wölkchen wollte davon naschen,
und es gelang ihm, ein paar Zoll
des hellen Rundes zu erhaschen,
rasch kaut es sich die Bäckchen voll.
Es hielt sich lange auf der Flucht auf
und sog sich ganz mit Lichte an; -
da hob die Nacht die goldne Frucht auf:
Schwarz ward die Wolke und zerrann
Aus: Rainer Maria Rilke, Larenopfer, Vitalis Verlag GmbH, 2002
Wolkenbildung, Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832)
Stratus
Wenn von dem stillen Wasserspiegel-Plan
Ein Nebel hebt den flachen Teppich an,
Der Mond, dem Wallen des Erscheins vereint,
Als ein Gespenst Gespenster bildend scheint,
Dann sind wir alle, das gestehn wir nur,
Erquickt', erfreute Kinder, o Natur!
Dann hebt sichs wohl am Berge, sammelnd breit,
An Streife Streifen, so umdüsterts weit
Die Mittelhöhe, beidem gleich geneigt,
Obs fallend wässert oder luftig steigt.
Cumulus
Und wenn darauf zu höhrer Atmosphäre
Der tüchtige Gehalt berufen wäre,
Steht Wolke hoch, zum herrlichsten geballt,
Verkündet, festgebildet, Machtgewalt,
Und, was ihr fürchtet und auch wohl erlebt,
Wie's oben drohet, so es unten bebt.
Cirrus
Doch immer höher steigt der edle Drang!
Erlösung ist ein himmlisch leichter Zwang.
Ein Aufgehäuftes, flockig löst sichs auf,
Wie Schäflein tripplend, leicht gekämmt zuhauf.
So fließt zuletzt, was unten leicht entstand,
Dem Vater oben still in Schoß und Hand.
Nimbus
Nun laßt auch niederwärts, durch Erdgewalt
Herabgezogen, was sich hoch geballt,
In Donnerwettern wütend sich ergehn,
Heerscharen gleich entrollen und verwehn! -
Der Erde tätig leidendes Geschick!
Doch mit dem Bilde hebet euren Blick.-
Die Rede geht herab, denn sie beschreibt;
Der Geist will aufwärts, wo er ewig bleibt.
Aus: Goethe, J.W., "Schriften zur Naturwissenschaft", Reclam, Stuttgart 1977
Ich kam wie eine dunkle Wolke, Ernst Scherenberg (1839 - 1905)
Ich kam wie eine dunkle Wolke
In euer friedumhegtes Tal –
Vergebt, wenn ihre finstern Schatten
Euch je verkürzt der Sonne Strahl!
Die Wolke wuchs ja unter Wettern,
Sie floh zu euch aus Hass und Streit –
Habt Dank, dass ihr durch reiche Liebe
Sie neu beglänzt für kurze Zeit!
Wie sanftes Spätrot hat der Schimmer
Ihr düsteres Gewand umsäumt,
In holder Täuschung hat sie wieder
Ihr Morgenrot zurückgeträumt.
Vorbei, vorbei! – die dunkle Wolke
Zieht weiter nun in Sturm und Nacht –
Auf euer Tal, das friedumhegte
Die ungetrübte Sonne lacht.
Aus: Ernst Scherenberg, Gedichte, Verlag Von Ernst Keil`s Nachfolger Leipzig, 1899
Die Wolke, Alfons Petzold (1882 - 1923)
Eine weiße Wolke seh ich schweben
In dem bergumkränzten Himmelsrund,
Ihre schön gezog'nen Linien heben
Hell sich ab vom tieferblauten Grund.
Schiff der Seligen! Nicht Erdenschwere
Trägt sein Bord, ein leichtes Ätherspiel
Steuert es im sonnenhohen Meere
Froh entgegen einem guten Ziel.
Blaue Fluten schmeicheln seine Lende,
Führen es zum nahen Felsenrand,
Und von seinem glänzenden Gelände
Fällt ein Leuchten in das ferne Land.
Wohl das letzte; denn ein Felsenkegel
Schattet schon die Quelle seines Lichts,
Und mit vollem, ausgespanntem Segel
Schwindet es hinüber in das Nichts.
Aus: Alfons Petzold, Der Ewige und die Stunde., 1. Auflage, Leipzig, Erdgeist-Verlag 1912
Einsame Wolke, Hugo Salus (1866 - 1929)
Aus der Sammlung Landschaft
Von den Wolken, die da wandern,
Löst sich eine, bleich und still;
Eine, anders als die andern,
Eine Wolke, die was will.
Was sie will? Nicht mit den andern
Will sie eine Straße ziehn;
Einsam weilen oder wandern:
Nur die Herde will sie fliehn.
Seht ihr sie dort dunkel schweben,
Drohend und in sich gekehrt,
Ganz dem Wunder hingegeben,
Das in ihr Gestalt begehrt?
Wald und Wind, sich vor ihr duckend,
Sehn sie ängstlich drohn und glühn
Und verglühn, da plötzlich zuckend
Blitze aus ihr niedersprühn ...
Aus: Eine Anthologie moderner Lyrik herausgegeben von Ludwig Gemmel. Berlin, Schuster & Loeffler, 1898.
Englisch
Clouds, Christina Rossetti (1830 - 1894)
White sheep, white sheep,
On a blue hill,
When the wind stops
You all stand still.
When the wind blows
You walk away slow.
White sheep, white sheep,
Where do you go?
Aus: “Clouds” from SING-SONG by Christina G. Rossetti, Macmillan, New York 1924).
The Cloud, Percy Bysshe Shelley (1792 – 1822)
I am the daughter of Earth and Water,
And the nursling of the Sky;
I pass through the pores of the ocean and shores;
I change, but I cannot die.
For after the rain when with never a stain
The pavilion of Heaven is bare,
And the winds and sunbeams with their convex gleams
Build up the blue dome of air,
I silently laugh at my own cenotaph,
And out of the caverns of rain,
Like a child from the womb, like a ghost from the tomb,
I arise and unbuild it again.
Aus: Percy Bysshe Shelley, Prometheus Unbound, A Lyrical Drama, in Four Acts, With Other Poems by Charles and James Ollier, London 1820
Head in the clouds, Eric Carter (*1979)
Dazing in my head
I look to the big blue sky
As I watch the puffy clouds
My thoughts pass by
Where do you come from
Where will you go
The secrets of life
That I don’t know
So I stay an observer
In Beauty & Aw
Daydreaming what figure
I just saw
Unveröffentlichter Text für die Klangskulptur “Wolkenbank”, 2022
In Between, Eric Carter (*1979)
A young teen
already a bit tall
cries and ponders
as he beats on the wall
Drops of rain hits his face
Rinsing the tears of disgrace
A peaceful connection between the two
The cloud calls down
And says it just me and you
The half man sob’s
Oh I’m glad!
The cloud asks
Why are you sad?
I’m of no use
Why should anyone care?
I don’t know who I am
I’m neither here nor there!
I get it - look, me too -
Somedays I’m bright
And somedays I’m blue
I’m in between
I’m neither here nor there
I don’t know where I’m going
But for this I don’t care
I take from the oceans and seas
My tears then shower the flowers
and give the earth what it needs
I cover the mountains
For others to ski
I lay out a shadow
For hot days with no breeze
Children look up to me
Guessing my shape in ten ways
I help grown ups
remember the days
When they were once young
They’d lay in the grass and gaze
And in between, so I was told
Is the very best time to unfold
None of this was ever my plan
I just trusted my purpose in destiny’s hand
For life is a journey, it’s a give and a take
Don’t be too serious, make a mistake
Be on your way, for it’s not to stay
One lifetime can pass within a day
You‘re on the bridge between young & old
Raise your head and rid the cold
You are worthy, you can be bold
You are loved, let this be told
Your time will come, for now unfold
Unveröffentlichter Text für die Klangskulptur “Wolkenbank”, 2022
Ukrainisch
Гримить, Іван Франко (1856 - 1916)
Гримить! Благодатна пора наступає,
Природу розкішная дрож пронимає,
Жде спрагла земля плодотворної зливи,
І вітер над нею гуляє бурхливий,
І з заходу темная хмара летить –
Гримить!
Гримить! Тайна дрож пронимає народи,-
Мабуть, благодатная хвиля надходить…
Мільйони чекають щасливої зміни,
Ті хмари – плідної будущини тіни,
Що людськість, мов красна весна, обновить…
Гримить!
Aus: I. Franko, Ausgewählte Werke, Nawukowa dumka, 1976
У чорную хмару зібралася туга моя…, Леся Українка (1871 - 1913)
У чорную хмару зібралася туга моя,
Огнем-блискавицею жаль мій по ній розточився,
Ударив перуном у серце,
І рясним дощем полились мої сльози.
Промчалась та буря-негода палка надо мною,
Але не зломила мене, до землі не прибила,
Я гордо чоло підвела,
І очі, омиті сльозами, тепер поглядають ясніше,
І в серці моїм переможнії співи лунають.
Весняная сила в душі моїй грає,
Її не зломили зимові морози міцні,
Її до землі яе прибили тумани важкі,
Її не розбила і ся перелітная буря весняна.
Нехай там збирається гірша, страшніша негода,
Нехай там узброїться в гостру огненную зброю, –
Я вийду сама проти неї
Я вийду сама проти бурі
І стану, – поміряєм силу!
Aus: Aus: Lecja Ukrainka, Ausgewählte Werke, Nawukowa dumka, 1975
За чорно-синьою горою, Ліна Костенко (1930)
За чорно-синьою горою, на схилку радісного дня,
Малює хмари пурпурові якесь веселе чортеня.
Зеленим пензликом тополі — кривенькі кігтики в крові.
Пасуться коні нетипові у сутеніючій траві.
Долина з чашею туману, а далі схил і небосхил —
Усе кургани та й кургани ще не заораних могил.
Так що ж ти, схоже на шуліку, у тебе вітер в голові,
Малюєш обрій споконвіку такий червоний у крові?!
Вікам посивіли вже скроні, а все про волю не чувать.
Порозпрягали хлопці коні та й полягали спочивать.
Чи так їм спиться непогано, що жоден встати ще не зміг?
Пасуться коні під курганом, чекають вершників своїх.
Aus: L. Kostenko, Sammlung von Gedichten, 1989 Ліна Костенко. Збірка поезій "Вибране" , 1989
ЗА СОНЦЕМ ХМАРОНЬКА ПЛИВЕ..., T. Шевченка (1814 - 1861)
За сонцем хмаронька пливе,
Червоні поли розстилає
І сонце спатоньки зове
У синє море: покриває
Рожевою пеленою,
Мов мати дитину.
Очам любо. Годиночку,
Малую годину
Ніби серце одпочине,
З Богом заговорить...
А туман, неначе ворог,
Закриває море
І хмароньку рожевую,
І тьму за собою
Розстилає туман сивий,
І тьмою німою
Оповиє тобі душу,
Й не знаєш, де дітись,
І ждеш його, того світу,
Мов матері діти.
Aus: T. Schewtschenka, Poesie, Lwiw, 1867
Spanisch
Las Nubes, José Tomás de Cuellar (1830 – 1894)
Nubes flotantes, húmedos vapores,
Viajeras incansables del espacio,
Que vestís los colores
Del rubí, del zafír y del topacio!
Veros me place; el sol os ilumina
Y le tendeis magnífica cortina.
¡Las nubes! silenciosas mensajeras
De las azules cóncavas alturas,
Que destendeis vistosas
En el éter flotantes colgaduras;
¡Oh! ¡cuánto goza el corazón si miro
Vuestro voluble é incesante giro!
Yo os amo, ¡oh nubes! porque acá en mi mente
Me revela una voz dulce y sonora
En mi delirio ardiente
Lo que allá en vuestros senos se atesora:
Sí, yo comprendo, nubes vaporosas,
Vuestras gigantes cifras misteriosas.
Aus: José Tomás de Cuellar, Poemas y lazos de amor, Editado por la Municipalidad de Lima, 2020
Russisch
УТЕС, Лермонтов (1814 - 1841)
Ночевала тучка золотая
На груди утеса-великана;
Утром в путь она умчалась рано,
По лазури весело играя;
Но остался влажный след в морщине
Старого утеса. Одиноко
Он стоит, задумался глубоко,
И тихонько плачет он в пустыне.
Aus: M. Lermontov, Werke, Prawda, 1988
ТУЧИ, Лермонтов (1814 - 1841)
Тучки небесные, вечные странники!
Степью лазурною, цепью жемчужною
Мчитесь вы, будто как я же, изгнанники
С милого севера в сторону южную.
Кто же вас гонит: судьбы ли решение?
Зависть ли тайная? злоба ль открытая?
Или на вас тяготит преступление?
Или друзей клевета ядовитая?
Нет, вам наскучили нивы бесплодные...
Чужды вам страсти и чужды страдания;
Вечно холодные, вечно свободные,
Нет у вас родины, нет вам изгнания.
Aus: M. Lermontov, Werke, Prawda, 1988
Облака, В .Брюсов (1873 - 1924)
Облака опять поставили
Паруса свои.
В зыбь небес свой бег направили,
Белые ладьи.
Тихо, плавно, без усилия,
В даль без берегов
Вышла дружная флотилия
Сказочных пловцов.
И, пленяясь теми сферами,
Смотрим мы с полей,
Как скользят рядами серыми
Кили кораблей.
Hо и нас ведь должен с палубы
Видeть кто-нибудь,
Чье желанье сознавало бы
Этот водный путь!
Aus: B. Brjussow, Gedichte, Detskaja Literatura, Moskau, 1974
ЗАКАТНЫЕ ОБЛАКА, И.Северянин (1887 - 1941)
По небу, точно хлопья ваты,
Ползут закатные облака.
Они слегка голубоваты,
И лучезарны они слегка.
Мечты вплетаются в закаты
Из шелковистого далека.
Они слегка голубоваты,
И лучезарны они слегка.
Aus: I. Sewerjanin, Donnerpokal. Ananas in Champagner. Nachtigall. Klassische ., Nauka, Moskau, 2004
Полуразорванные тучи, К. Бальмонт (1867 - 1942)
Полуразорванные тучи
Плывут над жадною землей,
Они, спокойны и могучи,
Поят весь мир холодной мглой.
Своими взмахами живыми
Они дают и дождь, и тень,
Они стрелами огневыми
Сжигают избы деревень.
Есть души в мире – те же тучи,
Для них земля – как сон, как твердь,
Они, спокойны и могучи,
Даруют жизнь, даруют смерть.
Рабы мечты и сладострастья,
В себе лелеют дар певца,
Они навек приносят счастье,
И губят, губят без конца.
Aus: A. Blok, Gedichte, Erstes Buch, 1898- 1904
Облака небывалой услады, А.Блок (1880 - 1921)
Облака небывалой услады —
Без конца их лазурная лень.
Уходи в снеговые громады
Розоватый приветствовать день.
Тишины снегового намека,
Успокоенных дум не буди...
Нежно-синие горы глубоко
Притаились в небесной груди.
Там до спора — сквозящая ласка,
До войны — только нежность твоя,
Без конца — безначальная сказка,
Рождество голубого ручья...
Невозможную сладость приемли,
О, изменник! Люблю и зову
Голубые приветствовать земли,
Жемчуговые сны наяву.
Aus: А. Блок «Стихотворения. Книга первая» (1898–1904). Цикл «Распутья» (1902–1904).
ТУЧА, А.С. Пушкин (1799 - 1837)
Последняя туча рассеянной бури!
Одна ты несешься по ясной лазури,
Одна ты наводишь унылую тень,
Одна ты печалишь ликующий день.
Ты небо недавно кругом облегала,
И молния грозно тебя обвивала;
И ты издавала таинственный гром
И алчную землю поила дождем.
Довольно, сокройся! Пора миновалась,
Земля освежилась, и буря промчалась,
И ветер, лаская листочки древес,
Тебя с успокоенных гонит небес.
Aus: A. S. Puschkin, Werke, Isdatelstwo Akademii Nauk SSSR, Moskau-Leningrad, 1962
Italienisch
Le nubi, Antonino Anile (1869 - 1943)
...Lievi pei cieli migrano, siccome
petali di meravigliosi fiori,
e, nelle notti, ai taciti chiarori
assumono parvenze senza nome.
Ma, poi che la tempesta il suo sgomento
soffia, le nubi, simili a una greggia
vellosa, ecco, s'addossano; ed il vento
le caccia contro il culmini montani,
le lacera, le sferza, le volteggia;
e van disperse come sogni umani.
Aus: Antonino Anile, Sonetti dell'anima, FB&C Limited, 2018